Samstag, 10. September 2016

Basteln und Strandausflug mit den Kidis *.*

Halli Hallöchen :)

Sodeli, wie schon beim letzten Eintrag angekündigt, gibts jetzt einen Eintrag über meine Arbeit. Da sich mein Freiwilligendienst auch langsam dem Ende nähert, wird dies wohl auch der vorerst letzte Eintrag über meine Arbeit hier sein.

In den letzten Monaten habe ich mit den Kindern öfters gebastelt und gespielt. In meiner Anfangszeit hatte ich davor noch etwas Angst und Bedenken und daher hab ich mich das nicht so getraut. Teils wegen der Sprache, teils weil ich einfach selbst unsicher war und weil ich zunächst auch erstmal sehen wollte, wie der Tagesablauf ist.
Da ich nun aber die alltäglichen Dinge gut in Swahili verstehe und ausdrücken kann und mir auch die Abläufe vertraut geworden sind, dachte ich Anfang diesen Jahres es ist an der Zeit auch selbst mal ein paar Dinge zu initiieren.

Die Kinder und daher auch ich hatten auf jeden Fall viel Spaß dabei, wobei ich froh war, dass mir Yohana geholfen hat, wenn die Kinder mal wieder besonders wild waren :D. Alles in Allem hat es aber gut geklappt und ich habe bei jedem Mal gesehen wie es besser klappt und ich selbst auch sicherer werde :)

Im Folgenden einfach ein paar Bilder


Beim Lego spielen starten wir meistens ganz geordnet an den Tischen, bis es darin endet, dass die Kinder und die Legos überall sind außer an den Tischen :D
Es entstehen Häuser, Autos, Schlösser etc. Ganz rechts hat Lilian auch noch die Geburtstagskrone auf, die die Kinder immer an ihrem Ehrentag tragen drüfen :)

Einmal haben wir aus dickem Papier und Pfeifenputzern Schmetterlinge gebastelt :)

Die Kinder waren ganz stolz auf ihre "kipepeo" und haben den halben Morgen damit Fangen gespielt

Aus Deutschland hatten wir noch ein paar Schokoriegel da und damit haben Ulli und ich dann Topfschlagen gespielt :D

Das war auf jeden Fall ein richtig lustiges Erlebnis, da viele Kinder das Spiel nicht kannten und am Anfang sehr verwirrt waren, wie sie jetzt den laufen sollen, wenn sie doch gar nichts sehen können :D

Aus alten Papptellern und bunten Pfeifenputzern haben wir ein einem Tag Masken gebastelt :)

Natürlich wird auch mit Maske ordendlich gepost  ;)

Auf diesem Bild seht ihr Tesla mit Yohana, die vor einem "Maßband" stehen, zusammen mit den Kindern hab ich einen großen Passionbaum mit vielen Vögeln gebastelt und am Ende haben wir alle bei unserer Größe den Namen hingeschrieben :)
Ein weltwärts-Freiwilligendienst geht für gewöhnlich ein Jahr, wobei auch eine kürzere oder etwas längere Zeitspanne möglich ist. Doch normalerweise reisen die Freiwilligen nach einem Jahr wieder nach Hause. Bei mir wird das also der 19. September sein, sodass ich am 20. September wieder in Deutschland bin (wuuuhaaaaa gar nicht mehr lange oO). Bei anderen Freiwilligen, so auch bei Ulli, war dieses Jahr allerdings schon im August vorbei. D.h. die Freiwilligen aus meinem Jahrgang sind schon wieder in Deutschland und die neuen Freiwilligen sind bereits angereist. Ich bin da etwas die Ausnahme, da ich relativ spät ausgereist bin :D. Auf der einen Seite ist es natürlich schön noch ein paar Tage in Tansania zu genießen und die "Neuen" kennen zulernen auf der anderen Seite vermisse ich meine Freunde sehr und es ist ein komisches Gefühl zu wissen, dass sie schon wieder in Deutschland sind und ich noch hier...
Auf jeden Fall haben wir in Ullis letzter Woche mit allen Kindern, Anna, Yohana und ein paar Freunden einen Strandausflug gemacht. Das war vielleicht ein Erlebnis! Früh morgens mit gerademal einer Stunde Verspätung ging es mit einem Bus vom RED House an den Kawe-Strand.

Dort durften wir die Hotelanlage eines Freundes nutzen:

Ankunft im Badeparadies...

Zuerst ein paar Regeln für den Tag, an die sich die Kinder auch tatsächlich gehalten haben :)

Und dann gings ab ins Wasser !!!!
Manche Kinder haben sich alleine in die Wellen getraut, anderer haben etwas Zuspruch gebraucht oder wir sind erstmal zusammen ins Wasser  :)
"Teacher Julie der Sand ist genauso weiß wie du " ....also ich find ich bin viiiiiiiiiiel bräuner!!! :D

Nachdem wir uns so richtig ausgetobt haben, gab's ein mega leckeres Mittagessen: Pilau mit Fleisch, Spinat, Tomatensalat und Wassermelone als Nachtisch

Und nach dem Essen gings dann nochmal ins Wasser, dieses Mal allerdings in den Pool, wo jedes Kind nochmal mit dem Reifen spielen wollte :)
Es war ein richtig, richtig toller Tag für uns alle! Die Kinder hatten ganz arg viel Spaß und wir Erwachsenen genauso. Dieser Tag wird mir sicher noch einige Zeit in Erinnerung bleiben und war mit einer meiner schönsten Tage hier:

die Busfahrten mit viel SingSang
mit den Kindern im Meer zu sitzen, zu quatschen und zu spielen
das mega leckere Essen
das Schreien und Lachen der Kidis
...

Es war wirklich ein toller Tag und eine tolle Zeit!

Mittwoch, 31. August 2016

(Öffentliche) Verkehrsmittel in Dar es Salaam :)

Hallöchen ihr Lieben :)

Schon seit Längeren wollte ich noch einen Blog über die (öffentlichen) Verkehrsmittel in Dar und Neuigkeiten von meiner Arbeit veröffentlichen :). Heute ist nun endlich der Blog über die Verkehrsmittel dran :D
Während ich in Deutschland ja meistens mit dem Auto oder dem Fahrrad überall hingedüst bin, habe ich in Tansania eigentlich fast immer die öffentlichen Verkehrsmittel genutzt. Und da gibt es eine ganze Reihe davon. Die werd ich euch jetzt kurz vorstellen und dadurch könnt ihr euch in Zukunft vielleicht besser ein Bild machen, wenn ich vom Bajaji fahren oder einer rasanten Piki-Fahrt erzähle :D

Ich fange mit dem Dalladalla an, welches ich wohl am häufigsten während meiner Zeit hier genutzt habe:
Ein Dalladalla ist einfach ein Kleinbus, der von einer Anfangsstation bis zu einer Endstation fährt und auf dem Weg verschiedene Haltestellen abklappert. Meistens fährt es den gleichen Weg, aber je nach Verkehrslage kann es sein, dass es seine Route etwas abändert. Es gibt keine feste Abfahrtszeiten, die Dallas fahren einfach ihre Runden und sammeln die Leute ein. In jeden Dalladalla gibt es den Fahrer (dereva) und einen Conductor (Conder), zweiterer schreit die Endstadtion heraus, sammelt die Leute ein und kassiert letzten Endes auch das Geld. Von Ubungo aus kosten die meisten Strecken 400 TSZ (ca. 16 ct)

Hier eine Endstation, die Dalles warten einfach bis sie voll sind und fahren dann los und das nächste Dalla ist an der Reihe.
Bei längeren Strecken kommt es auch vor, dass einiges an Gepäck mitgenommen wird :)

Meine ersten Monate bin ich nahezu immer mit den Dalladallas gefahren, doch seit Kurzem gibt es auch noch die "Blauen Busse". Das sind riesige Schnellbusse, die auf einer seperaten Linie auf den großen Straßen durch Dar es Salaam fahren. Der Vorteil ist, dass Stau keine Rolle mehr spielt, weil sie eine eigene Straße haben. Ein Nachteil ist vielleicht, das ein Ticket etwas mehr kostet - umgerechnet ca. 26 ct (650 TSZ). Im Moment werden aber immer noch Dalladallas gebraucht, da die Blauen Busse nicht überall hinfahren.

Eine der neuen Busstationen, man kauft sich sein Ticket hier bereits an der Station und nicht erst im Bus.
Ein blauer Bus :P.
Wenn man es mal etwas eiliger, keine Lust auf Busfahren hat oder spät in der Nacht heimfahren möchte, bieten sich die Bajaji's an. In Asien werden diese TukTuk genannt und sind einfach dreirädrige Gefährte, die sich immer wieder erstaunlich durch den Verkehr schlängeln können. Gerne auch mal abseits der Straßen :D Spontan würde ich sagen, dass das Bajaji mein Lieblingsverkehrsmittel hier in Dar ist. An sich ist hinten eine Bank für drei Personen, aber wir Freiwilligen haben uns da oft  und gerne auch mal zu sechst reingequetscht, auch das ist eigentlich kein Problem. Gerade wenn wir abends mal feiern waren und in einer größeren Gruppe schnell heimwollten, haben wir normalerweise ein Bajaji genommen.


Bajaji von vorne und von der Seite :D
Häufig stehen auch an den Dalladalla Stationen einige Bajajis um die Leute von dort direkt vor ihr Haus zu fahren.
Die wohl schnellste Art und Weise von A nach B zu kommen, ist eine Pikipiki-Fahrt. Ein Pikipiki (oder Bodaboda) ist quasi ein Motorradtaxi. Gerade bei Stau kommt man mit Piki trotzdem schnell voran, da es einfach daran vorbeifahren kann. Wenn man alleine (oder zu zweit ist) ist es normal auch günstiger ein Pikipiki anstatt ein Bajaji zu nehmen. Allerdings muss man auch sagen, dass so eine Pikipiki-Fahrt nicht ganz ungefährlich ist, da man immer wieder ein Fahrer erwischen kann, der ziemlich rast und wenig auf die Verkehrsregeln achtet...

Hier von Weiten ein Pikipiki :)
Sooo das waren die Gefährte mit denen ich mich in den letzten Monaten fortbewegt habe, natürlich gibt es in Dar noch tausende PKWs und LKWs und auch das ein oder andere Fahrrad :D

Busstationen können  in Dar ganz unterschiedlich aussehen:
Der Busbahnhof in Bagala zum Beispiel, ist riesig aber dennoch nicht durch Teer gefestigt. Um sein Dalladalla  zu finden hört man einfach auf die Rufe des Conders.
Da sieht der Busbahnhof "Mawasiliano" schon ganz anders aus. Er ist komplett gepflastert, an jeder Haltestelle stehen überdachte Bänke und Schilder zeigen an welche Busse wo losfahren.


Sodeli zu guter Letzt einfach noch ein paar Bilder von Straßen, da ich ja immer wieder von geteerten und und geteerten Straßen und Wegen erzähle.

Hier eine ganz neue Straße und Brücke die zwei Stadtteile von Dar verbindet. Bisher musste man Fähre fahren oder einmal um den Flußarm herum.
Als ich diese Straßenkonstellation gesehen habe, dachte ich erst ich sei am (neuen) Grenzübergang von Konstanz in die Schweiz :D
Dieses Bild ist an der Ubungo-Kreuzung entstanden. In der Mitte seht ihr einen Polizist, der den Verkehr regelt. Gerade morgens und abends ist das auch notwendig.
Eine geteerte Straße...
... und eine ungeteerte Straße :D
Aber auch auf den ungeteerten Straßen können Pikis, Dallas, Autos etc. fahren. Ist aber im Normalfall etwas holpriger, die Massage ist da inklusive ;)

Liebe Grüße und bis hoffentlich ganz bald
eure Julie :)

Papa,
Wo bist du? Du fehlst mir. Die Endgültigkeit zu begreifen fällt unheimlich schwer...

Freitag, 15. Juli 2016

Und die Welt dreht sich weiter... (aus "Haltet die Welt an" von Glashaus)



Am 13. Juli 2016 bin ich zurück nach Dar es Salaam geflogen.

Viele waren erstaunt, viele waren überrascht, für viele war es klar. Viele mögen es nicht verstehen, viele hätten anders entschieden, viele halten es für die richtige Entscheidung. Letzten Endes war es meine Entscheidung…

…und ich habe entschieden zurück zugehen. Inwiefern es richtig oder falsch war – wenn man bei so etwas überhaupt von richtig oder falsch sprechen kann – kann ich jetzt noch nicht sagen. Ich hoffe ich werde eine schöne Zeit haben, noch vieles lernen und meinen weltwärts-Dienst mit einem (soweit möglich) guten Gefühl abschließen.

Am 17. Juni 2016 habe ich meinen dritten weltwärts-Bericht geschrieben (vlt. erinnert ihr euch, dass wir alle drei Monate eine Rückmeldung in Form eines Berichtes an unsere Organisation und das BMZ geben „dürfen“). Der Bericht war bereits fertig geschrieben, bevor ich nach Deutschland zurück geflogen bin. Diesen möchte ich nun mit euch teilen, vielleicht versteht der Ein oder die Andere meine Entscheidung dann etwas besser:

3. Bericht: Veränderungen und Erkenntnisse

So schwer wie dieses Mal ist mit der Anfang des Berichtes noch nie gefallen. Und das kann nicht daran liegen, dass ich nichts zu erzählen hätte. Es ist unheimlich viel in den letzten drei Monaten passiert. Aber zum Einem ist so viel passiert, dass es schlecht auf ein paar Seiten passt und zum Anderem fällt es mir schwer alles in Worte zu fassen.

Fazit der letzten Wochen ist definitiv, dass ich mich in keinen Monaten seit meiner Ankunft so wohl gefühlt habe. Ich war zufrieden, glücklich und meiner Meinung nach sehr ausgeglichen. Mir kommt es so vor, als habe mir der letzte Bericht ein bisschen die Augen geöffnet. Die Augen geöffnet, was mich unzufrieden macht aber auch was mich glücklich macht. Was ich ändern kann aber auch was ich lernen muss zu akzeptieren, im besten Fall verstehen. Als ich meinen letzten Bericht abgeschickt hatte, habe ich mich danach „frei“ gefühlt. Ich hatte das Gefühl, wichtige Dinge aufgeschrieben und mir dadurch gewissermaßen von der Seele gesprochen zu haben. In der Zeit vor dem Bericht habe ich mich häufig geärgert und durch den Bericht habe ich diesem Ärger ein Stück weit Luft gemacht, sodass ich endlich nach vorne blicken konnte. Er hat mir geholfen mit Dingen, die nicht zu ändern sind abzuschließen bzw. mit Dingen, die sehr wohl in meiner Hand liegen endlich  anzufangen. Ich habe meinen Bericht auch auf meinem Blog veröffentlich, woraufhin ich viel Rückmeldung bekommen habe. Rückmeldung die mir zusätzlich geholfen hat endlich etwas gegen meine Unzufriedenheit zu unternehmen.

Kommen wir nun zu einigen Erkenntnissen und neuen Gedanken, von denen ich oben geschrieben habe und die (teilweise) auf meinen letzten Bericht aufbauen.

Zum Einem ist da natürlich meine Arbeit im RED House. Ich war oft mit meiner Arbeitsweise unzufrieden, dachte ich arbeite zu wenig oder war zu erschöpft, wenn ich doch einmal mehr gemacht habe als gewohnt. Da Ulli für einige Zeit verreist war, war ich alleine im Projekt. Anfangs etwas ungewohnt, hat sich aber langsam eine andere Arbeitsweise eingestellt. Ich habe mein „eigenes Tempo“ gefunden, meinen „eigenen Stil“ und dadurch für mich einen neuen Arbeitsalltag geschaffen, der meiner Meinung nach alles erfüllt. „Erfüllt“ im Speziellen meint in diesem Fall, dass ich meinen täglichen Arbeiten (Zähne putzen mit den Kindern und Unterrichten) nachkomme, zusätzlich dazu aber auch einige Spieleinheiten mit den Kidis habe und trotzdem etwas Zeit „zum Entspannen“ für mich, wenn ich Schablonen oder andere Dinge für die Basteleinheiten der Kinder alleine im Zimmer vorbereite. Zum ersten Mal war ich zufrieden mit mir und meiner Arbeitsweise und hatte nicht ständig den Vergleich zu meinen Vorfreiwilligen im Kopf. Letzten Endes geht es nicht darum was oder wie meine Vorfreiwilligen Dinge anders/besser oder schlechter gemacht haben, sondern darum was ich jetzt mache und ob ich das vor mir selbst so rechtfertigen kann und mich zufrieden stellt. (Diese Erkenntnis lässt sich auch wunderbar auf andere Bereiche übertragen…)



Ich beim Basteln mit den Kidis

Sie können auch gaaaaanz brav sein :D


Ein großes Thema im letzten Bericht waren die (fehlenden) Freundschaften. Ich bin immer davon ausgegangen, dass ich neue Freunde finden will, dass ich Freundschaften zu Tansaniern aufbauen möchte aber dies für mich ein nahezu unüberwindbares Hindernis darstellte. Erst vor kurzem habe ich darüber noch einmal nachgedacht und wenn ich ganz ehrlich zu mir selbst bin, habe ich festgestellt, dass ich im Moment gar nicht so stark an neuen Freundschaften interessiert bin. Ich habe in meinen letzten Jahren sehr häufig mein Umfeld gewechselt und dadurch sehr viele neue Menschen kennen gelernt. Teilweise Freunde fürs Leben, teilweise Menschen, die mich auf einem Abschnitt durchs Leben begleitet haben. Ich fand das toll und wollte es auch so, habe aber auch festgestellt, dass es sehr anstrengend sein kann sich immer wieder auf Neues einzulassen. Noch bevor ich nach Tansania gekommen bin, hat sich so langsam das Gefühl eingeschlichen „genug“ zu haben. Genug davon, auf neue Menschen zu treffen und sich die Zeit zu nehmen diese kennen zu lernen. Ich will nicht sagen, dass ich kein Interesse mehr daran habe Freunde zu finden, aber ich merke wie ich meine Energie lieber auf andere Dinge konzentriere, als neue Menschen kennen zu lernen. Wenn es sich ergibt ist das toll und wenn nicht auch kein Weltuntergang. Und wenn ich jetzt im Nachhinein Situationen betrachte, fällt mir auf, dass sich diese neue „Einstellung“ auch auf meine „Kennenlern-Situationen“ hier ausgewirkt hat. Situationen, in denen ich Leute hätte besser kennenlernen können, habe ich unbewusst oder bewusst verstreichen lassen. Ich finde, dass ich einen Teil meiner „Offenheit gegenüber Neuem“ verloren habe, was ich sehr schade finde und nun wieder ändern möchte. Ich habe aber auch festgestellt, dass es mir einfacher fällt mich mit Menschen zu unterhalten, die ähnlich sozialisiert sind/wurden wie ich. Das fällt mir dadurch auf, dass ich zu ein paar Freiwilligen ein sehr enges Verhältnis aufgebaut habe und hoffe, dass diese Freundschaften auch in Deutschland Bestand haben. Diese Freiwilligen sind wie ich in Deutschland aufgewachsen und kennen für mich bekannte Strukturen, dies macht es für mich einfacher ins Gespräch zu kommen. Ich muss also (etwas beschämt) erkennen, lieber den „einfachen und bekannten“ Weg gegangen zu sein, anstatt mich der Herausforderung „Freundschaften zu Menschen mit einer anderen Sozialisation aufzubauen“, zu stellen. Zumindest was es betrifft außerhalb meiner (Gast-)Familie mit Tansaniern ins Gespräch zu kommen.

„Ins Gespräch kommen“ ist auch eine schöne Überleitung für einen weiteren Punkt, den ich ansprechen möchte. Die Gespräche unter uns Freiwilligen haben sich meiner Meinung nach seit unserer Ankunft stark verändert. Dinge oder Situationen, die uns passiert sind und uns beschäftigen, waren schon immer ein Hauptgesprächspunkt, aber mittlerweile, finde ich, reflektieren wir diese Erlebnisse ganz anders als früher. Teilweise verbessern wir uns gegenseitig, wenn mal wieder jemand in die Falle der Verallgemeinerung („Alle (Tansanier) sind…“) tappt oder wir weisen daraufhin, dass derjenige die Situationen ggfs. falsch verstanden hat, etc. Haben wir uns anfangs oft einfach geärgert, fragen wir zunehmend nach dem „Warum“. Dabei merke ich aber auch, dass wir immer wieder aufpassen müssen uns nicht selbst über andere Leute, insbesondere über Touristen oder deutsche Freunde/Familie, zu stellen. Schnell rutscht man dahingehend ab, sich selbst als was Besseres zu sehen, da man ja jetzt „ein Jahr Tansania“ erlebt hat und dadurch reflektierter zu sein scheint als Andere. Es ist nicht unsere Sache über andere Menschen zu urteilen, sondern unsere Aufgabe, selbst der Mensch zu werden, der man gerne sein will - unabhängig davon, wie andere Menschen sich verhalten oder darüber denken. Wichtig ist doch, dass man mit sich selbst im Reinen ist und die Dinge, die man tut oder eben auch nicht, vor sich selbst rechtfertigen kann. Und dazu sollte es unnötig sein, andere Personen abzuwerten, um sich selbst in einem besseren Licht zu sehen.  
Durch die Gespräche mit alten und neuen Freunden werden auch eigene Moralvorstellungen diskutiert und in Frage gestellt. Das ist teilweise sehr nervenaufreibend und zeitintensiv, vor allem weil ich auch nach diesen Gesprächen häufig weiter darüber nachdenke. Generell habe ich mich mit meiner „eigenen Moral“ und leider oftmals auch „Doppelmoral“ auseinander gesetzt. Ich finde das sehr gut und merke, wie ich mich selbst hinterfrage und mich mit neuen Themen auseinander setze. Als Beispiel seien hier der Vegetarismus und die Tierhaltung in Zoos genannt. Ich hoffe, dass ich weitere Gedankenanstöße bekomme und diese auch in Deutschland weiterverfolge bzw. mein Handeln aufgrund der neuen Erkenntnisse verändere. Im Moment zähle ich diese Veränderungen meiner Denkweise zu den wertvollsten Erkenntnissen meines weltwärts-Jahres.


Ein paar Freiwillige und ich nachdem wir einen 10 km Lauf gerannt sind :)

Vor der EM wurde sich mit Fifa auf Fußball eingestimmt :D


Abschließend möchte ich noch ein paar Worte über das Thema „Integration“ verlieren, welches in meinem letzten Bericht auch ein großes Anliegen war. Was bedeutet eigentlich Integration, wann ist man integriert und wer hat das überhaupt zu bestimmen? Diese und weitere Fragen haben mich auch in den letzten Wochen weiter beschäftigt und ich habe mich mit Anderen darüber ausgetauscht. Es ist und bleibt ein schwieriges Thema. Und ich glaube erst durch dieses Jahr habe ich wirklich begriffen was für ein Ausmaß es haben kann, sein Heimatland zu verlassen und in ein bis dahin völlig fremdes Land zu kommen. Als Jemand, der nie sein Heimatland verlassen musste, ist es leicht zu sagen, „Flüchtlinge müssen sich integrieren, es ist ihre Aufgabe schließlich sind sie doch hergekommen“ oder „Wir helfen doch schon bei der Integration, bieten Deutschkurse an und organisieren Treffen, für Flüchtlinge und Deutsche.“ Aber um wirklich zu verstehen, wie es ist sein Land verlassen zu MÜSSEN, sich in die Fremde zu begeben und dort neu anzufangen, fehlt uns doch die eigene Erfahrung. Obwohl auch ich mein Heimatland verlassen habe und in ein fremdes Land gezogen bin, war dies doch meine eigene freiwillige Entscheidung, die zudem zeitlich begrenzt ist. Und schon in dieser kurzen Zeit habe ich viele Schwierigkeiten selbst erlebt, also wie muss es dann für Jemanden sein, der sein Land verlassen musste? Zumindest kann ich sagen, dass ich mich in meine tansanische Familie integriert habe bzw. integriert fühle. Es ist aber noch einmal ein anderes Paar Schuhe, wenn ich „mein Umfeld“ verlasse und raus auf die Straße gehe. Hier bin ich weiterhin die Weiße, die fremd ist und wohl auch bleibt…


5. Geburtstag von Princess Careen, jeder Gast wird mit einem Stückchen Kuchen gefüttert :)
Tesla und ich an Careen's Geburtstag


Dies sind nur ein paar wenige Erkenntnisse der letzten Wochen, die dazu geführt haben, dass ich mich wohler fühle. Wenngleich manche Erkenntnisse natürlich auch traurig stimmen. Selten war mir so klar, dass wir unser Glück selbst in der Hand haben. Wir können nicht die Welt verändern, aber wir können uns ändern. Und wo fängt man besser an, als bei sich selbst?! Daher korrigiere ich meinen Satz: Ich kann nicht die Welt verändern, aber ich kann mich selbst ändern. Und wer weiß schon, was diese (kleine) Veränderung bei Anderen auslöst… Hierzu fällt mir der Satz einer anderen Freiwilligen ein, die meinte „Ich verstehe gar nicht, wie man sich nach so einem Jahr nicht engagieren kann“. Hier in Tansania bin ich ein Gast, das ist in Deutschland aber anders. Dort habe ich nicht nur die Möglichkeit meinen persönlichen Lebensstil zu ändern, sondern mich auch außerhalb meiner vier Wände zu engagieren. Hierzu hoffe ich in den nächsten Wochen weitere Impulse und auf dem Rückkehrerseminar weitere Informationen zu bekommen. 
(geschrieben am 17. Juni 2016)


Sinza (Stadtteil von Dar es Salaam) von oben


Zudem hab ich bei meinem letzten Blogeintrag auf einen anderen Blog verwiesen, der sich nach der Anerkennung des Völkermordes der Armenier mit dem Genozid an den Herero und Nama beschäftigt hat. Hierzu jetzt ein kleiner Nachtrag, da die Bundesregierung die Massaker nun erstmals als Völkermord anerkannt hat:  


Auch wenn es nun wirklich schon lange her ist...aber in Tansania haben wir auch fleißig die EM verfolgt :)
Papa,
"Du bist nicht mehr da,wo du warst - aber du bist überall, wo wir sind." -Victor Hugo
Ich bin mir sicher, dass du gerade mit mir in Tansania bist und ich hoffe dir gefällt es hier. So wie es dir gefallen hätte, wenn wir es gemeinsam erlebt hätten! Ich würde so gerne deine Reaktion auf mein Leben hier sehen... 

Julie