Donnerstag, 7. Juli 2016

Papa, wir vermissen dich


Fassungslosigkeit
Angst
Wut
Verzweiflung
Schmerz
Trauer





Und immer sind irgendwo Spuren deines Lebens, Gedanken, Bilder und Augenblicke,
sie werden uns immer an dich erinnern, uns glücklich und traurig machen 
und uns nie vergessen lassen. 

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Vor ein paar Monaten ist die Oma von unseren Nachbarn gestorben und ich habe eine Beerdigung in Tansania besucht. In den letzten Tagen musste ich öfters an dieses Erlebnis denken:

Kurz nachdem die Oma verstorben ist, wurden viele Stühle im Garten unserer Nachbarn aufgebaut. Zudem ein riesiges Zelt und vier große Lautsprecher-Boxen. Alles direkt neben meinem Zimmerfenster. Drei Tage lang wurde nahezu ununterbrochen Musik gespielt. Tagsüber etwas lauter, nachts wurde es etwas leiser. Rund um die Uhr waren Leute da, die sich einfach auf die Stühle gesetzt haben, sich unterhalten haben oder einfach dort saßen (auch nachts!). Hin und wieder wurde die Musik unterbrochen und ein Mann hat verschiedene Dinge durch einen Lautsprecher gesagt. Manchmal waren es Gebete, manchmal eine Geschichte über die Verstorbene und manchmal einfach der Termin des Begräbnisses. Alles in Allem war es relativ laut und ich habe mich häufiger gestört gefühlt. Zudem kamen einige Frauen mit einem Bild der Verstorbenen bei uns vorbei, erzählten was passiert ist und bekamen daraufhin Geld von meiner Gastmama, danach liefen sie weiter und fragten andere Nachbarn. Am Tag des Trauergottesdienstes und des Begräbnisses kamen unheimlich viele Leute. Die Stühle haben nicht ansatzweise ausgereicht und viele saßen einfach auf dem Boden (wie ich) oder lehnten sich an Häuserwände. Die Frauen hatten alle mindestens einen Kanga an. Ein Kanga ist ein großes Tuch, das man sich als Rock wickeln kann und auf dem ein Spruch gedruckt ist. Kangas sind bunt, sowieso waren alle Leute bunt angezogen. Zunächst wurden Reden gehalten und eine Predigt, es wurde gesungen und gebetet. Anschließend gab es für alle Gäste ein riesiges Buffet und ein leckeres Mittagessen. Erst danach wurde der geschlossene Sarg auf den Friedhof gefahren. (hier bin ich nicht mitgegangen)
Als ich Mtema fragte, ob eine Beerdigung immer ein so großes Ausmaß hat und mehrere Tage geht, meinte er „Ja, so ist das in Tansania“. Sicherlich spielt auch das Geld der Familie eine Rolle, wie groß eine Beerdigung ausfällt. Aber bei wohlhabenden Familien ist es wohl ganz normal, dass eine Beerdigung mehrere Tage geht.

Jetzt im Nachhinein fallen mir einige Gemeinsamkeiten dieser Beerdigung in Dar und einer Erdbestattung in Deutschland auf. In Deutschland wird zwar kein Geld im Vorfeld bei Nachbarn und Freunden erfragt, dafür gibt es aber Trauerkarten, zu welchen man etwas Geld legen kann. Oder das Mittagessen, welches es zwischen dem Gottesdienst und dem eigentlichen Begräbnis gab, könnte man mit den Leichenschmaus in Deutschland vergleichen.

Was anders bleibt, ist die „Länge der Beerdigung“. Wie bereits geschrieben wurde bereits drei Tage vor dem eigentlichen Trauergottesdienst Musik gespielt, Menschen saßen zusammen und immer wieder wurden mit Lautsprecher Gebete oder andere Dinge durchgesagt. Als ich dort war, habe ich mich dadurch manchmal gestört gefühlt. Gerade, wenn ich nachts aufgewacht bin und es mir schwer fiel wieder einzuschlafen, da die Musik bis in mein Zimmer kam, hat es mich genervt. Ehrlich gesagt habe ich auch nicht verstanden, warum sich die Leute getroffen haben um sich zu unterhalten oder einfach der Musik zu lauschen. Ich dachte Dinge wie, „der Oma kann das ja jetzt eh egal sein“ oder „die Zeit könnte man auch anders nutzen“, in meinen Augen war es unnötig so einen Aufwand zu betreiben. Das sehe ich mittlerweile anders. Sicher, keiner weiß ob es der Oma egal ist oder nicht, ob sie das Zusammenkommen von Familie und Freunde gesehen hat oder nicht. Aber der Gedanke, dass sie in ihren letzten Tagen auf der Erde (auch wenn sie bereits tot war) nicht alleine ist, ihre Liebsten um sich hat, finde ich doch sehr schön. Und ich glaube auch für die Trauernden kann es ein Trost sein, sich mit jemanden über die Verstorbene oder über etwas ganz Anderes zu unterhalten. Man lässt den Toten einfach nicht alleine, sondern ist in seiner Nähe. Andererseits denke ich, dass es auch sehr anstrengend sein kann, wenn ständig jemand da ist. Wobei ja auch dann die Möglichkeit besteht sich zurück zu ziehen oder vielleicht einfach nur der Musik zu lauschen.

Wie gern ich auf diese Einsicht verzichten würde, kann ich wohl gar nicht in Worte fassen. Und trotzdem zeigt es mir, wie schnell wir Menschen bzw. wie schnell ich Mensch doch über andere Menschen urteile bzw. vorschnelle Schlüsse ziehe, über Dinge, Taten, Aussagen … von denen ich doch eigentlich gar keine Ahnung habe.

Du bleibst ein Teil von uns


Papa, ich würde dir so gerne von vielen neuen Einsichten erzählen, hören wollen was du dazu sagst und sehen wollen, wie du auf mich reagierst. Papa, ich hab dich lieb.

Deine Julie

Donnerstag, 9. Juni 2016

Zwei Ausflüge und meine Haare :D



Shikamoo (es dürfen sich alle Älteren unter euch begrüßt sehen)

Mambo (es dürfen sich alle Gleichaltrigen angesprochen fühlen)

Hamjambo (und natürlich auch alle Jüngeren unter euch)

Habari yenu? (Was gibt’s Neues bei euch?)

Niko poa. (Mir geht’s gut)

Ähnlich wie bei „Geschichten und Erlebnisse“ möchte ich heute von zwei vergangenen Ausflügen erzählen und zusätzlich am Ende etwas sehr Aktuelles über meine Haare berichten :D

Starten wir mit einem Ausflug der schon eine ganze Weile zurück liegt…
Wie ihr wisst unterrichten Ulli und ich jeden Freitag bei der Matsapa Schule Sport. Letztes Jahr kurz vor den Schulferien im Dezember hat die Matsapa für alle Schüler_innen einen Ausflug in die Fun City organisiert. Die Fun City ist ein großer Vergnügungspark, in welchem man nicht nur Riesenrad, Achterbahn oder Boxauto fahren kann, sondern zudem ein großes Erlebnisbad, mit großen Becken und vielen Rutschen. Also quasi Tripsdrill mit einem großen Schwimmbad (Miramar oder Erlebnisbad Schwarzwald) in Einem, nur eben alles unter freiem Himmel.

Früh morgens sind wir mit Bussen von Ubungo nach Kigamboni gefahren und haben mit den Kindern und Lehrer_innen den Tag dort verbracht. Anders wie in Deutschland waren die Geräte nicht die ganze Zeit in Betrieb, sondern wurden nach Bedarf angeschaltet. Nach dem Mittagessen gings dann für uns ins Schwimmbecken, wo fröhlich geplanscht wurde, bis wir wieder heimgefahren sind. Für mich war es ein schöner Tag und ich fand es toll, wie die Lehrer_innen mit den Schüler_innen gemeinsam gespielt, geschwommen und geplanscht haben. Natürlich nicht ohne Alles auf ihren IPads und Handys festzuhalten :D


Eingang der Fun City, alle stehen brav in Reih und Glied :D
Fun City
Teacher Julie vor einer Achterbahn :D
Ulli, Ich und Failes vor einem der Pools
Bei diesen Temparaturen kann  man sich schonmal ein bisschen abkühlen :P


„Familien-Freunde-Zoo-Besuch“ :D

Vor ein paar Monaten haben Mama Careen und Teacher Yohana vorgeschlagen, ob wir nicht alle zusammen mal einen Ausflug machen wollen. Ich fand die Idee super und Ulli ebenso. Als dann jedoch vorgeschlagen wurde in den Zoo zu gehen, hielt sich meine Begeisterung in Grenzen. Wie viele von euch vielleicht wissen, bin ich nicht wirklich ein Fan von Zoos/Wilhelmas :/. Ich finde es nicht gut, Tiere aus ihren natürlichen Lebensräumen in (meist zu kleine) Käfige zu stecken, nur damit ein paar Menschen auf deren Kosten unterhalten werden. Und dabei macht es für mich keinen Unterschied, ob ich in einem Land wie Tansania bin, in welchem viele dieser Tiere natürlich vorkommen oder in einem Land wie Deutschland, in welches die meisten Tiere erst importiert oder gezüchtet werden. So oder so kann ein Gehege wohl kaum die freie Wildbahn (mit angemessenem Klima etc.) ersetzen. 

Allerdings war es meiner Familie und Yohana sehr wichtig, dass wir alle zusammen gehen und sie wollten unbedingt in den Zoo, da Careen zum Beispiel noch nie dort war und gerne einmal Elefanten, Löwen etc. sehen wollte. Hierzu vlt. kurz als Anmerkung, dass eine Safari auch für Tansanier sehr teuer ist, da man nicht nur die Eintrittsgebühren in den Park zahlen muss, sondern zusätzlich einen Guide mit Auto braucht.
Letzten Endes habe ich mich dazu entschieden mitzugehen, da ich gerne mit meiner Familie einen Ausflug machen, ihnen zudem nicht die Freude auf diesen nehmen wollte und sie den Wunsch hatten gemeinsam dorthin zu gehen. 

So sind wir also eines Samstagmorgens los, haben zunächst ein Daladala nach Posta genommen, daraufhin die Fähre nach Kigamboni, anschließend ein weiteres Daladala nach Kabata und von dort das letzte Daladala zum Eingang des Zoos. Insgesamt haben wir fast vier Stunden vom RED House bis zum Zoo gebraucht, welcher sich wohlbemerkt immer noch in Dar es Salaam befindet. Jaaaa Dar ist wirklich riesig. Schätzungen zufolge sollen es mittlerweile mehr als 5 Millionen Einwohner sein, zum Vergleich Berlin hat ca. 3,5 Mio. Einwohner. Also nichts von wegen Strohhütten ohne Strom mitten im Nirgendwo, sondern wachsende Großstadt mit neuem Bussystem und großen Hafen. ;)
Beim Zoo angekommen haben wir kurz Mittag gegessen, bevor es zu den vielen Tieren ging. Es waren unter anderem Sträuße, Affen, Krokodile, Löwen, Leoparden und Kamele zu sehen. Neben den Tiergehegen gab es einen großen Swimming Pool und einige Wasserspiele für die Kinder.



Ich, Tesla, Careen, Mama Careen und Ulli vor dem Löwengehege

Wie immer hat sich Tesla durch nichts aus der Ruhe bringen lassen, ob ein Löwe brüllend auf uns zurennt oder dieses Kudu nach ihrer Hand schnappt :D

Und hier nochmal die "ganze Mannschaft" : Mama Careen mit Tesla, Esther mit Gian, Ulli, Yohanna, ich und Careen ganz vorne :)


Auf dem Heimweg hatten wir Glück und konnten auf der Ladefläche eines kleinen Pick-ups mitfahren und mussten nicht auf das nächste Daladala warten. Alles in Allem war es ein wirklich schöner Tag und ich habe mich letzten Endes auch gefreut mitgegangen zu sein.

Bevor ich diesen Eintrag geschrieben habe, hat mich das Thema Zoo aber noch einmal beschäftigt, zumindest habe ich mich selten so intensiv damit auseinander gesetzt wie letzte Woche :D. Damit ich nicht allen Freiwilligen auf den Keks gehe, habe ich also erstmal im Internet nach Informationen gesucht (die ich dann doch wieder mit den anderen diskutieren musste :D). Dabei habe ich überrascht festgestellt, dass es sogar Gesetzte und Richtlinien für eine möglichst artgerechte Tierhaltung in Deutschland/der EU gibt. Außerdem haben viele Zoos Projekte, die den Tierschutz fördern oder sie unterstützen andere Tier- und Umweltorganisationen bei deren Arbeit. Ich könnte hier jetzt noch länger ausholen, aber das sprengt wohl den Rahmen und sollte auch nicht Inhalt dieses Eintrages werden :D. Ich war auf jeden Fall von dem Engagement einiger Zoos in Deutschland überrascht, nichtsdestotrotz habe ich für mich beschlossen, dass dies der vorerst letzte Zoobesuch war.

So und zu guter Letzt noch ein Aktuelles Thema….meine Haare :D

Und zwar hab ich mir vor kurzem Rastas flechten lassen. Rastas sind kleine geflochtene Zöpfe, die bei mir mit Kunsthaar verlängert wurden. Ich hab also endlich wieder lange Haare uuuuund endlich rote Haare, was in Deutschland ja nie geklappt hat :D
Dazu muss ich sagen, dass zwei Frauen ganze fünf Stunden beschäftigt waren, wir zweimal Kunsthaar nachkaufen mussten und ich wohl selten eine solche Spannung auf dem Kopf hatte wie letzte Woche :D. Am Anfang wurden die Haare zu einem Dutt gebunden, doch mittlerweile trag ich sie meistens offen :)


Dieses Bild wurde direkt am ersten Abend auf Leah's Geburtstag gemacht, ich mit Dutt und Lucas :)

Und dann habe ich mich tatsächlich mal zu einem kleinen "Fotoshooting" hinreisen lassen :D 


Bevor ich zum Ende komme, möchte ich euch noch auf einen Blogeintrag einer VIA-Freiwilligen aus Kampala (Uganda) aufmerksam machen. Letzte Woche wurden schließlich nicht nur meine Haare rot, sondern die Bundesregierung hat auch die Amenien-Resolution verabschiedet. Soweit so gut, aber was ist eigentlich mit dem Genozid an den Herero und Nama (Namibia)… 

Da ab dem 17. Juni Ferien im RED House sind und ich wohl nochmal eine Reise mache, weiß ich noch nicht wann ich mich wieder melde…aber bis dahin
siku nzuri (schöne Tage)

Eure Julie :)