Fassungslosigkeit
Angst
Wut
Verzweiflung
Schmerz
Trauer
Und immer sind irgendwo Spuren deines Lebens, Gedanken, Bilder und Augenblicke,
sie werden uns immer an dich erinnern, uns glücklich und traurig machen
und uns nie vergessen lassen.
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Vor ein paar
Monaten ist die Oma von unseren Nachbarn gestorben und ich habe eine Beerdigung
in Tansania besucht. In den letzten Tagen musste ich öfters an dieses Erlebnis
denken:
Kurz nachdem
die Oma verstorben ist, wurden viele Stühle im Garten unserer Nachbarn
aufgebaut. Zudem ein riesiges Zelt und vier große Lautsprecher-Boxen. Alles
direkt neben meinem Zimmerfenster. Drei Tage lang wurde nahezu ununterbrochen
Musik gespielt. Tagsüber etwas lauter, nachts wurde es etwas leiser. Rund um
die Uhr waren Leute da, die sich einfach auf die Stühle gesetzt haben, sich
unterhalten haben oder einfach dort saßen (auch nachts!). Hin und wieder wurde
die Musik unterbrochen und ein Mann hat verschiedene Dinge durch einen
Lautsprecher gesagt. Manchmal waren es Gebete, manchmal eine Geschichte über
die Verstorbene und manchmal einfach der Termin des Begräbnisses. Alles in
Allem war es relativ laut und ich habe mich häufiger gestört gefühlt. Zudem
kamen einige Frauen mit einem Bild der Verstorbenen bei uns vorbei, erzählten
was passiert ist und bekamen daraufhin Geld von meiner Gastmama, danach liefen
sie weiter und fragten andere Nachbarn. Am Tag des Trauergottesdienstes und des
Begräbnisses kamen unheimlich viele Leute. Die Stühle haben nicht ansatzweise
ausgereicht und viele saßen einfach auf dem Boden (wie ich) oder lehnten sich
an Häuserwände. Die Frauen hatten alle mindestens einen Kanga an. Ein Kanga ist
ein großes Tuch, das man sich als Rock wickeln kann und auf dem ein Spruch gedruckt
ist. Kangas sind bunt, sowieso waren alle Leute bunt angezogen. Zunächst wurden
Reden gehalten und eine Predigt, es wurde gesungen und gebetet. Anschließend
gab es für alle Gäste ein riesiges Buffet und ein leckeres Mittagessen. Erst
danach wurde der geschlossene Sarg auf den Friedhof gefahren. (hier bin ich
nicht mitgegangen)
Als ich Mtema
fragte, ob eine Beerdigung immer ein so großes Ausmaß hat und mehrere Tage
geht, meinte er „Ja, so ist das in Tansania“. Sicherlich spielt auch das Geld
der Familie eine Rolle, wie groß eine Beerdigung ausfällt. Aber bei
wohlhabenden Familien ist es wohl ganz normal, dass eine Beerdigung mehrere
Tage geht.
Jetzt im
Nachhinein fallen mir einige Gemeinsamkeiten dieser Beerdigung in Dar und einer
Erdbestattung in Deutschland auf. In Deutschland wird zwar kein Geld im Vorfeld
bei Nachbarn und Freunden erfragt, dafür gibt es aber Trauerkarten, zu welchen
man etwas Geld legen kann. Oder das Mittagessen, welches es zwischen dem
Gottesdienst und dem eigentlichen Begräbnis gab, könnte man mit den
Leichenschmaus in Deutschland vergleichen.
Was anders
bleibt, ist die „Länge der Beerdigung“. Wie bereits geschrieben wurde bereits
drei Tage vor dem eigentlichen Trauergottesdienst Musik gespielt, Menschen
saßen zusammen und immer wieder wurden mit Lautsprecher Gebete oder andere
Dinge durchgesagt. Als ich dort war, habe ich mich dadurch manchmal gestört
gefühlt. Gerade, wenn ich nachts aufgewacht bin und es mir schwer fiel wieder
einzuschlafen, da die Musik bis in mein Zimmer kam, hat es mich genervt.
Ehrlich gesagt habe ich auch nicht verstanden, warum sich die Leute getroffen
haben um sich zu unterhalten oder einfach der Musik zu lauschen. Ich dachte
Dinge wie, „der Oma kann das ja jetzt eh egal sein“ oder „die Zeit könnte man
auch anders nutzen“, in meinen Augen war es unnötig so einen Aufwand zu
betreiben. Das sehe ich mittlerweile anders. Sicher, keiner weiß ob es der Oma
egal ist oder nicht, ob sie das Zusammenkommen von Familie und Freunde gesehen
hat oder nicht. Aber der Gedanke, dass sie in ihren letzten Tagen auf der Erde
(auch wenn sie bereits tot war) nicht alleine ist, ihre Liebsten um sich hat,
finde ich doch sehr schön. Und ich glaube auch für die Trauernden kann es ein
Trost sein, sich mit jemanden über die Verstorbene oder über etwas ganz Anderes
zu unterhalten. Man lässt den Toten einfach nicht alleine, sondern ist in
seiner Nähe. Andererseits denke ich, dass es auch sehr anstrengend sein kann,
wenn ständig jemand da ist. Wobei ja auch dann die Möglichkeit besteht sich
zurück zu ziehen oder vielleicht einfach nur der Musik zu lauschen.
Wie gern ich
auf diese Einsicht verzichten würde, kann ich wohl gar nicht in Worte fassen.
Und trotzdem zeigt es mir, wie schnell wir Menschen bzw. wie schnell ich Mensch
doch über andere Menschen urteile bzw. vorschnelle Schlüsse ziehe, über Dinge,
Taten, Aussagen … von denen ich doch eigentlich gar keine Ahnung habe.
Papa, ich würde
dir so gerne von vielen neuen Einsichten erzählen, hören wollen was du dazu
sagst und sehen wollen, wie du auf mich reagierst. Papa, ich hab dich lieb.
Deine Julie
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